Newsletter bestellen

Der Schulzwang wird fallen wie die Berliner Mauer
Educating Germany WEBRING
Previous   Home   Random   Next

 

 

"Reißen Sie diese Mauer nieder"

Was Mauerfall und Schulzwang gemein haben - Pressemitteilung zur Asylgewährung für Familie Romeike

Mit diesen Worten wandte sich einst US Präsident Ronald Reagan in Berlin an den sowjetischen Führer Michail Gorbatschow. Jahre später sollte seine Vision Wirklichkeit werden. Eingeleitet wurde der Sieg der Freiheit über ein System der Unterdrückung und Unfreiheit durch die Flucht zahlreicher DDR-Bürger in deutsche Botschaften, die dort politisches Asyl suchten.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass heute, über 20 Jahre später, erneut Menschen aus jenem Land auswandern und fliehen, das einst Zuflucht vor der Unterdrückung bot. 

Das Relikt von 1938, der deutsche Schulzwang, verbreitet auch heute noch Angst und Schrecken für jene, die die Bildung ihrer Kinder selbst in die Hand nehmen und sich schulfrei bilden möchten. Das Instrumentarium bundesdeutscher Obrigkeit umfasst nicht mehr wie einst Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl, dafür aber existenzzerstörende Buß- und Zwangsgelder, Gefängnisstrafen, bis hin zu Sorgerechtsentzügen und Kindeswegnahmen. Diese Drohkulisse hat in den letzten Jahren zu einem zunehmenden Exodus zahlreicher Freilernerfamilien ins europäische und außereuropäische Ausland geführt, während andere still am deutschen Schulsystem leiden.

Familie Romeike aus dem schwäbischen Bissingen sah sich eines Morgens einem staatlichen Polizeiaufgebot gegenüber, als sie erste zaghafte Versuche in die Freiheit wagten und die Bildung ihrer Kinder selbst in die Hand nahmen. Nach einem zermürbenden Behördenkampf suchte die Homeschoolfamilie Zuflucht in den USA, wo diese freie Form des Lernens etwas völlig Normales und gesellschaftlich Akzeptiertes darstellt. 

Ihrem Antrag auf Asyl wegen politischer Verfolgung wurde jetzt von US-Einwanderungsrichter Lawrence O. Bruman (Memphis/Tennessee) mit folgenden Worten stattgegeben: "Dennoch sind die hier verletzten Rechte grundsätzliche Menschenrechte, die kein Land verletzen darf…. Homeschooler sind eine besondere soziale Gruppe, welche die deutsche Regierung zu unterdrücken versucht … . Diese Familie hat allen Grund, sich vor Verfolgung zu fürchten …, deshalb hat sie ein Anrecht auf Asyl … und dies Gericht wird ihnen Asyl gewähren.", sagte der Richter. 

Dies ist eine schallende Ohrfeige für den deutschen Staat und dessen politisch Verantwortliche, die zwar gern die Einhaltung der Menschenrechte im Ausland anmahnen, es selbst aber im eigenen Land damit nicht so genau nehmen. Deutschland war bereits vorgewarnt, dass sein Umgang mit deutschen Homeschoolern nicht den internationalen Normen einer freiheitlichen Demokratie entspricht. So hatte 2007 UN-Sonderberichterstatter Vernor Munoz in seinem Bericht "Mission on Germany" angemahnt, dass Bildung nicht allein auf reine Schulanwesenheit reduziert werden dürfe und Modelle wie das Homeschooling legitime Alternativen seien, die weiterentwickelt werden sollten. Deutsche Politiker schlugen diese Mahnungen in den Wind und machten sie lächerlich, indem sie die Kompetenz des UN-Sonderberichterstatters herabwürdigten.

Das Netzwerk Bildungsfreiheit fordert daher die deutschen Kultusminister und Bildungspolitiker auf, das verkrustete deutsche Bildungssystem für Alternativen zu öffnen, neue schulfreie Bildungsmodelle zu legalisieren und das elterliche Recht auf freie Wahl der Bildung für ihre Kinder zu respektieren. Die absolute Schulpflicht, die keine Ausnahme kennt und alle gleichermaßen ohne Rücksicht in dasselbe System zwingt, wird von vielen Betroffenen als ein unerträgliches Gefängnis empfunden, das nicht mehr den modernen Anforderungen unserer Zeit entspricht und der Individualität des Kindes nicht gerecht wird. Daher fordern wir eine Umwandlung des starren Schulzwangs in eine Bildungspflicht, die Platz und Auswahl unter einer Vielzahl konkurrierender Bildungsmodelle bietet. Nur wenn im übertragenen Sinne diese Mauer fällt, die jegliche Bewegungsfreiheit verhindert, wird dieser Asylantrag der erste und hoffentlich letzte bleiben.

Jörg Großelümern - Netzwerk Bildungsfreiheit, den 27.1.2010