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Wie wichtig ist die Zeit mit Gleichaltrigen für die soziale Entwicklung von Homeschooling - Kindern ?

Ein Beitrag von Prof. Gordon Neufeld

Der nachfolgende Beitrag ist eine Antwort des kanadischen Bindungsforschers Gordon Neufeld
auf Fragen von Homeschool-Eltern, die im Rahmen eines Kurses der virtuellen Neufeld-Internetuniversität gefragt hatten
wie viel Zeit mit Gleichaltrigen pro Woche für Jugendliche angemessen ist.


Was die Frage betrifft, wie viel Zeit ausreicht, ist meine Antwort an Homeschooling-Eltern, wenn sie sich Sorgen über die Sozialisation ihrer Kinder machen, dass normalerweise einige Stunden soziale Interaktion pro Woche völlig ausreichend sind für die kindliche Entwicklung.

Der Kontakt mit Gleichaltrigen hat, wenn das Kind dazu (entwicklungspsychologisch gesehen) bereit ist, primär die Funktion der gesellschaftlichen Integration im wahrsten Sinne des Wortes – nämlich eines Zusammenseins mit anderen, ohne dabei die eigene Identität und Eigenständigkeit zu verlieren.

Es geht darum, ob das Kind bereit ist – nicht darum, dass es möglichst viele Erfahrungen macht.

Viele Homeschooler haben viel mehr soziale Interaktion, als sie wirklich brauchen. Andererseits kenne ich auch Homeschooler, die - aus verschiedenen Gründen - nicht einmal diese (wenige) Zeit im Kontakt mit Nicht-Geschwistern hatten und dann als Teenager - in einer Phase, in der soziale Interaktion eine große Rolle spielt - ihre Altersgenossen rasch in ihrer Fähigkeit zu wirklicher Kooperation überholten.

Wenn die Kinder reif sind für soziale Interaktion, ist nur wenig Erfahrung nötig, um diese erfolgreich zu meistern.

Was die Frage angeht, was zu viel ist, ist meine Antwort normalerweise, dass es nicht auf das Alter oder die Entwicklungsphase ankommt, sondern auf die Fähigkeit, bei sich selbst zu bleiben und seine Eigenständigkeit zu bewahren, wenn man mit anderen zusammen ist und auch, ob das Kind in der Lage ist, die Bindung zu den Eltern zu erhalten, wenn es mit seinen Altersgenossen zusammen ist. Das ist bei jedem Kind anders. Manche Fünfjährige können mehr soziale Interaktion meistern als manche Fünfzehnjährige.

Ich scherze manchmal darüber, dass ich bis jetzt nur einige Stunden sozialer Interaktion aushalte, ohne den Kontakt zu mir selbst zu verlieren. - Ich hoffe auf den großen Reifesprung in der nächsten Dekade oder so.

Es sollten nicht die Homeschooler sein, die sich verteidigen müssen, sondern der Rest der Welt, die ihre Intuition verloren hat und mehr an das glaubt, was die Gesellschaft anbietet als an das, was die Natur zur Verfügung stellt.“

Darauf gab es folgende Antworten:

D. N., Homeschooling-Mutter von M., 12 und T., 9:

Danke für diese Antwort. Das erleichtert auch meinen Mann und mich, denn ... wir haben uns immer angestrengt, zu beweisen, dass sie genug Kontakte zu anderen Kindern haben – hauptsächlich um zu beweisen, dass sie normal seien. Als mein ältester Sohn sieben Jahre alt war, wies er meine zahllosen Angebote und Fragen, ob er nicht mit anderen Kindern spielen wolle, immer wieder zurück und fragte einmal genervt: „Mama, warum MÜSSEN wir immer mit anderen Kindern spielen? Was ist daran so wichtig?“

Die ehrliche Antwort darauf war: „Weil ich gelernt habe zu glauben, dass du das brauchst und weil ich mir Sorgen mache, was die anderen Leute denken, wenn du es nicht tust.“

Eigentlich geht es doch darum: Wenn der Wunsch erwacht, dann ist es genau der richtige Zeitpunkt.

Pamela, Homeschooling-Mutter von M., 14, R., nearly 11, and F., 7:

“Es hat mich schon immer frustriert, wie manche Homeschool-Eltern über die Sorge der Gesellschaft spotten, ob ihre Kinder auch sozialisiert werden. – Dabei sind es doch sie selbst, die ständig damit beschäftigt sind, ihre Kinder zusammenzubringen. Die allgemeine Annahme ist doch, dass die „sozialen Bedürfnisse“ des Kindes außerhalb der Schule genauso leicht erfüllt werden können wie innerhalb – es gibt aber kein Verständnis dafür, dass diese Bedürfnisse minimal sind. Viele Homeschooler-Eltern machen sich viel Stress damit, den Kontakt ihrer Kinder mit Gleichaltrigen zu maximieren, um der vermeintlichen „Schattenseite“ des Homeschooling entgegenzuwirken.

Meine drei Kinder und ich sind unter der Woche in mehrere Gruppenaktivitäten involviert, diese sind freudvoll und auch überaus anregend. Als Mutter von drei sensiblen Rotschöpfen muss ich sicherstellen, dass diesen Aktivitäten lange Phasen des unstrukturierten Alleinseins folgen, damit meine Kinder die Möglichkeit haben, wieder mit sich selbst in Kontakt zu kommen und sich von den Gruppenenergien auszuruhen. Das kann für mich und auch meine Kinder oft unangenehm sein, weil wir oft nach den Treffen zu Freunden eingeladen werden und ich dann die einzige Mutter bin, die sagt: „Nein, das reicht jetzt für heute“ , das scheint dann – paradoxerweise- ziemlich „unsozialisiert“.

Homeschooler-Eltern werden fast jeden Tag mit diesem Thema konfrontiert - vom Verkäufer im Tante-Emma-Laden, vom Busfahrer, von der Mutter, die wir im Park treffen, vom Geigenlehrer, vom Nachbarn – von ihnen allen werden wir gefragt: „Und was ist mit der Sozialisation?“

Am Ende sind Homeschooler-Eltern, die sich eigentlich viele Gedanken um die Sozialisation ihrer Kinder machen, voller Gegenwillen und wirken dann abwehrend und sogar schrill in ihren Antworten.

Gäbe es ein Geschenk, das ich den Homeschooler-Eltern machen könnte, dann wäre es, sie von der fundamentalen Angst um die Sozialisation ihrer Kinder zu befreien und ihnen das Vertrauen zu geben, dass sie genug sind.“

Quelle: http://virtual.campus.gordonneufeld.com/mod/forum/discuss.php?d=2165 . Dieses Forum gehört zur virtuellen Neufeld-Internetuniversität und ist nur auf persönliche einladung oder nach Absolvierung von Ausbildungskursen zugänglich. Interessenten melden sich bei campusdeutsch@gordonneufeld.com