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Der Schulzwang wird fallen wie die Berliner Mauer
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Bericht vom  2. internationalen Kolloquium zu Home Education

Vom 27.4. bis  29.4.2007 fand auf Burg Rothenfels das 2. internationale Kolloquium zu Home Education unter dem Motto "Bildungsfreiheit statt Schulzwang" statt, zu dem die Organisatoren rund 250 nationale und internationale Besucher begrüßen konnten.

Nach der Eröffnung am Freitagabend durch Elisabeth Kuhnle vom Netzwerk Bildungsfreiheit und Jennifer Fandard vom European Forum for Freedom in Education (effe) gab Dr. Pat Montgomery von der Clonlara School in Michigan, USA eine erste mutmachende Einführung aus der eigenen Praxis zum Thema "Den eigenen Weg selbst erkennen und selbstbestimmt gehen".

Ihr schloss sich Ralph Fischer von der Universität Bonn an, der kurzfristig für Prof. Ladenthin einsprang. Ralph Fischer, der bei Prof. Ladenthin zum Thema Homeschooling promoviert und Mitherausgeber des Buches "Homeschooling - Tradition und Perspektive" ist, gab einen geschichtlichen Abriss des Hausunterrichts in Deutschland seit dem Mittelalter und stellte dem gegenüber das moderne Homeschooling, das einer völlig anderen Bildungsidee entspringt als der traditionelle Hauslehrerunterricht.

Beschlossen wurde der Abend mit einem Vortrag von Bertrand Stern, in dem er ein visionäres Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg zu einem fiktiven, aber realistischen Fall vor den Ohren der Zuhörer entfaltete. Das Urteil gipfelte in der Aufforderung an den deutschen Staat, seine gegenwärtige Haltung zu alternativen Bildungsformen zu revidieren und Bildungsfreiheit grundsätzlich zuzulassen.

Prof. Dr. Christian Beck / Universität OsloDer Samstagvormittag war dem Thema Home Education international gewidmet. Nach einer Vorstellung der verschiedenen nationalen und internationalen Netzwerkpartner gab Prof. Dr. Christian Beck von der Universität Oslo einen umfassenden Überblick über die rechtliche Lage von Home Education in den skandinavischen Ländern. Besonders erwähnenswert ist die Tatsache, dass PISA-Sieger Finnland innerhalb der europäischen Union eine der freiheitlichsten Gesetzgebungen zu Home Education und Bildungsfreiheit hat und seinen Bürgern jeglichen Alters weitgehendst Bildungsfreiheit garantiert

Daran schlossen sich Beiträge aus weiteren europäischen Ländern an. Referenten aus Irland, Frankreich, Österreich, den Niederlanden und Bulgarien berichteten über die Situation von Home Education in ihren Heimatländern.

Nick Gudge vom Home Education Network in Irland und offizieller Verhandlungspartner der irischen Nationalen Bildungsbehörde gab dem Kolloquium einen Überblick über den Weg zur Liberalisierung des Bildungssystems in seinem Land. Irland gewährt seinen Bürgern sehr große Freiheit in der Wahl ihres Bildungswegs und hat das Recht auf Home Education sogar in der Verfassung verankert.

Am Nachmittag präsentierte Thomas Spiegler von der Universität Marburg und Doktorand im Fach Soziologie die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Forschungen unter dem Thema "Entstehung der deutschen Home Education-Bewegung und ihre Verortung als soziale Bewegung".

In den sich anschließenden Arbeitsgruppen wurden verschiedene rechtliche und praktische Aspekte von Home Education beleuchtet. In einer dieser Arbeitsgruppen unter Leitung von Oberstudienrat und Diplom-Pädagoge Raimund Pousset wurde der Grundstein für eine umfassende Deklaration zu einem freiheitlich geregelten Bildungsrecht in Deutschland gelegt. Diese Deklaration soll nun im Netzwerk Bildungsfreiheit weiter entwickelt und den zuständigen Stellen in Politik und Wirtschaft vorgelegt werden.
 

Als begleitendes Kulturprogramm wurde für die anwesenden Kinder und interessierte Erwachsene das Theaterstück "Die kluge Bauerntochter" aufgeführt.Malaktion mit Corinna Fischer/Bildungsinitiative Zukunft Außerdem gab es eine Malaktion für Kinder mit Corinna Fischer von der "Bildungsinitiative Zukunft". Die Kinderbetreuung leiteten verantwortlich drei Jugendliche, die teilweise langjährig ihre Bildungswege ohne Schulbesuch absolviert haben. Friedlich und freundschaftlich spielten die Kinder aus den unterschiedlichsten Elternhäusern, die sich überwiegend zuvor nicht gekannt hatten, zusammen auf dem Freigelände der Burg. Unter anderem gab es auch einige sehr faire Fußballmatches.

Am Abend berichteten Jugendliche und junge Erwachsene über ihre Erfahrungen mit dem selbstbestimmten häuslichen Lernen und dem anschließenden Übergang in Ausbildung und Berufsleben.

Einer von ihnen, der bereits mit 14 Jahren über die Hochschulzugangsberechtigung verfügte, ist heute als Dozent und Doktorand an der Universität in Bamberg tätig. Als jüngste in dieser Runde berichtete Melissa Busekros, die erst wenige Tage zuvor eigenständig von ihrer Pflegefamilie weg wieder nach Hause geflohen war, über ihre Erfahrungen mit dem außerschulischen Lernen.

Der Vortrag von Dr. Mike Donnelly (Virginia, USA) am Schluss des Abends widerlegte die Meinung, dass Home Education Parallelgesellschaften fördern würde. Vielmehr wurde deutlich, dass Vielfalt im Bildungswesen unerlässlich ist für eine pluralistische Gesellschaft. Die deutschen Bemühungen, die Entstehung von Parallelgesellschaften zu verhindern, dürfen nicht grundlegende Menschenrechte einer pluralistischen und freiheitlichen Gesellschaft missachten. Parallel zum Vortrag fand unter dem Motto "... denn ich bin Mensch, der sich bilden will, inmitten von Menschen, die sich auch bilden wollen..." ein Kamingespräch zwischen Leslie Barson und Bertrand Stern statt.

Prof. Hans Schieser setzte die Vortragsreihe am Sonntag-Vormittag mit seinem Vortrag über Schulzwang und Schulreife fort. Darin wurde deutlich, dass entscheidende Ergebnisse der Hirnforschung bei der Einschulung von Kindern unberücksichtigt bleiben. Der sich unmittelbar daran anschließende Vortrag von Dagmar Neubronner zur Bindungsforschung thematisierte die verheerenden Folgen der ausschließlichen Gleichaltrigensozialisation und stellte die Bedeutung einer guten Eltern-Kind-Beziehung heraus. Der Vortrag wurde ergänzt durch ein Grußwort von dem bekannten kanadischen Psychologen Dr. Gordon Neufeld, Autor des Buches "Unsere Kinder brauchen uns".

Besucher im Gespräch auf dem BurghofAnschließend setzte sich Harriet Pattison, wissenschaftliche Mitarbeiterin des britischen Forschers Dr. Alan Thomas, mit der Frage auseinander, ob und inwieweit sich die Familien, in denen Kinder ohne Schule lernen, von Familien, deren Kinder zur Schule gehen, unterscheiden. Unter welch freiheitlichen Bedingungen Home Education in Kanada stattfinden kann, darüber berichtete Stefanie Mohsennia, Autorin des Buches "Schulfrei - Lernen ohne Grenzen". Vor genau einem Jahr wanderte sie mit ihrer Familie nach British Columbia aus, um dem Druck der nordrhein-westfälischen Kultusbehörde auf Umsetzung des Schulzwanges gegen ihren Sohn zu entgehen.

Nach dem Vortrag von Peter van Zuidam über die Verwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention in Verhandlungen und Gerichtsverfahren, in denen es um Home Education geht, wurde ihm die Stafette zur Ausrichtung des 3. internationalen Kolloquiums 2008 in den Niederlanden übergeben.

Der Erfolg des Kolloquiums zeigt, dass die Zeit reif dafür ist, Home Education als Bildungsalternative für die Zukunft endlich auch in Deutschland offiziell anzuerkennen. An die Kultusminister der deutschen Länder wird eine Deklaration ergehen mit der Forderung, das Bildungswesens großzügig für alternative Bildungsmethoden zu öffnen und das Engagement der Eltern bezüglich der Bildung ihrer Kinder in wesentlich stärkerem Maße als bisher zur Kenntnis zu nehmen und in die Bildungsarbeit einfließen zu lassen.

 

 

 

 

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